ETHIK-RICHTLINIEN DER INTERNATIONALEN ARBEITSGEMEINSCHAFT DER BERUFSVERBÄNDE FÜR ANTHROPOSOPHISCHE KUNSTTHERAPIEN (DAKAART)

PRÄAMBEL

Diese Richtlinien dienen als Leitfaden zu ethisch verantwortungsvollem Handeln Anthroposophischer KunsttherapeutInnen. Sie wurden zum Wohl und Schutz der Patienten/Klienten verfasst, welche die Dienstleistungen Anthroposophischer KunsttherapeutInnen in Anspruch nehmen. Sie bilden eine Handlungsorientierung für alle Mitglieder der beteiligten Berufsverbände. Sie dienen als Schutz des eigenen Berufes und sind Grundlage für die Berufsordnungen der verschiedenen Länder, entsprechend den jeweiligen Gesetzen.

Die Anthroposophischen Kunsttherapien sind Bestandteil der Anthroposophischen Medizin. Diese versteht Gesundheit und Krankheit als dynamisches Miteinander unterschiedlicher Prozesse. Der Mensch wird hier weder als krank noch gesund angesehen, sondern er bewegt sich permanent zwischen sich gegenseitig regulierenden Erkrankungs- und Gesundungsprozessen. In diesem Geschehen wird er von Anthroposophischen KunsttherapeutInnen zur aktiven Verminderung der Krankheitsprozesse behandelt und zur Förderung von Gesundheitsprozessen angeregt. Hierbei wird die Individualität des zu Behandelnden berücksichtigt sowie die Erscheinungen seines Erkrankungs- und Gesundungszustands. So bleibt der Behandelte aktiv und sich selbst bestimmend.

Seine ethische Grundhaltung kann jeder Mensch nur aus sich selbst entwickeln. In diesem Bewusstsein und im Bewusstsein der geistigen Dimension der Moralität wurden diese Standards von den DAKART-Berufsverbänden beschrieben. Wenn es einem Menschen gelingt, geistesgegenwärtig adäquat zu handeln, kann sich darin eine höhere und menschlichere Fähigkeit zeigen, als es die beste Ethik-Richtlinie beschreiben kann. Die Anthroposophischen KunsttherapeutInnen wollen als geschulte und verantwortungsvolle Menschen handeln, die weder inneren noch äußeren Zwängen unterworfen sind. Doch spielen auf dem Weg zu diesem Ziel Normen ihre berechtigte Rolle. Zum tieferen Verständnis wird auf „Die Philosophie der Freiheit“ von Rudolf Steiner hingewiesen. [Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit. GA 4. Rudolf Steiner Verlag, Dornach/CH]
 
Hierin beschreibt der Autor eine Entwicklungsstufe des Menschen, in der er frei von Zwängen der Natur sowie äußerer Gebote ausführen kann, was wahrhaft in ihm liegt. „Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen.“ Auf diesem Hintergrund sind diese Handlungs- und Ethik-Richtlinien für Anthroposophische KunsttherapeutInnen angelegt. Sie berücksichtigen die Fehlbarkeit des sich in Entwicklung befindlichen Menschen und seinen inneren tieferen Wesenskern, in dem sich der freie Mensch ausspricht. Im Spannungsfeld zwischen diesen Richtlinien und deren Rückwirkungen auf ihre professionellen Handlungen und auf ihr persönliches Verhalten bewegt sich die Individualität jeder einzelnen Anthroposophischen Kunsttherapeuten. Die Richtlinien gelten auch für Anthroposophische KunsttherapeutInnen, die in Bereichen von Salutogenese, Prävention, Lehre, Forschung und Management tätig sind.

Wegen der in den verschiedenen Ländern unterschiedlich benutzten Begrifflichkeit, wird in diesen Richtlinien die Doppelbezeichnung Patient/Klient verwendet. Innerhalb dieser Ethik-Richtlinien werden von Kunst, Therapie und Anthroposophie im umgrenzten Sinne der diese Bereiche verbindenden Professionalität Anthroposophischer KunsttherapeutInnen ausgegangen.

 
ALLGEMEINE AUSÜBUNG
 
  • Anthroposophische KunsttherapeutInnen setzen ihre Kompetenzen und ihr Wissen zum Wohle der Patienten/Klienten ein.
  • Sie richten sich nach der Individualität des Patienten/Klienten und seiner Lebenssituation.
  • Sie achten auf einen gepflegten Standard ihres persönlichen und beruflichen Verhaltens.
  • Sie behandeln Patienten/Klienten innerhalb ihrer fachspezifischen Möglichkeiten.
  • Sie gehen mit Informationen über Patienten/Klienten im Sinne der Schweigepflicht vertraulich um.
  • Sie dokumentieren jede Behandlung.
  • • Sie erhalten und aktualisieren ihre professionellen Kenntnisse und Fähigkeiten.
  • Sie achten darauf, dass sie durch ihr persönliches Verhalten nicht das Ansehen der Berufsgruppe schädigen.
BEZIEHUNG ZU PATIENTEN/KLIENTEN
 
Patienten/Klienten haben Anspruch auf gute und respektvolle Behandlung und Schutz vor unprofessionellem und unethischem Verhalten.
  • Das Verhältnis zum Patienten/Klienten darf nicht beeinflusst werden durch dessenGeschlecht, biologische und kulturelle Herkunft, Lebensanschauung, Lebensart, Behinderung, politische Haltung oder Stellung in der Gesellschaft. Anthroposophische KunsttherapeutInnen nehmen eine offene Haltung gegenüber verschiedenen Standpunkten ein.
  • Sie sind sich der Verantwortung des besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnisses in der therapeutischen Beziehung bewusst. Sie achten darauf, dass die Behandlung bestmöglich verläuft und das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird, gewahrt wird.
  • Sie verpflichten sich, jede Art von Machtmissbrauch und Manipulation zu unterlassen, wie zum Beispiel:
  •  
- Aufdrängen eigener Werte als allgemeingültige Normen
- Fortsetzung der Therapie aus finanziellen Gründen
- Fortsetzung der Therapie, weil die Patienten/Klienten den sozialen Kontext der Anthroposophischen KunsttherapeutInnen ersetzen sollen
- sexuelle Übergriffe
- berufspolitisches, wirtschaftliches oder sonstiges Ausnutzen der bestehenden Abhängigkeit
- Annahme von Geschenken, die unverhältnismäßig sind.

 
  • Die Anthroposophischen KunsttherapeutInnen gehen sorgfältig mit der Tatsache um, dass auch nach Beendigung einer Therapie weiterhin Abhängigkeiten im oben genannten Sinne bestehen können.
  •  
 
SCHWEIGEPFLICHT UND ANONYMITÄT
Anthroposophische KunsttherapeutInnen wahren die Schweigepflicht. Diskretion, Schweigepflicht und Anonymität betreffen:
  • Mitteilungen an Dritte jeglicher Art, ohne schriftliche Zustimmung des Patienten/Klienten oder dessen gesetzlichem Vertreter. Zum Beispiel:
  •  
- Supervision und kollegiale Beratung
- vorsorglicher Datenschutz der Patienten/Klienten auch bei eventueller Berufsunfähigkeit des Therapeuten
- allen Veröffentlichungen und Fachdokumentationen.

 
  • Diese Schweigepflicht gilt über den Tod von Patienten/Klienten und /oder TherapeutInnen hinaus.
  • Im Rahmen fundierter Forschung oder des Unterrichts dürfen Informationen, die unter die Schweigepflicht fallen, nur dann benutzt werden, wenn die Anonymität des Patienten/Klienten gewährleistet ist und sie bzw. deren gesetzliche Vertreter Zustimmung gegeben haben.
PATIENTEN/KLIENTEN DOKUMENTATION
  • Anthroposophische KunsttherapeutInnen führen die gesetzlich geforderten Dokumentationen aus.
  • Anthroposophische KunsttherapeutInnen schützen die über Patienten/Klienten dokumentierten Informationen gegen Verlust, Beschädigung oder unerlaubte Einsicht.
  • Bei der Verwendung von computergestützten Dokumentationssystemen müssen diese sicher gegen unbefugten Eintritt und Fälschung geschützt sein.
  •  
 
KOMMUNIKATION
Anthroposophische KunsttherapeutInnen sorgen für klare und effektive Kommunikation mit Patienten/Klienten und, wenn nötig, deren Angehörigen unter Berücksichtigung der angebrachten Schweigepflicht.
  • Vor Beginn der Therapie informieren Anthroposophische KunsttherapeutInnen, auf passender Weise, ihre Patienten/Klienten oder deren gesetzliche Vertreter über:
  •  
- die Art der Therapie
- deren Dauer
- den Behandlungsplan
- die Kostenfolge und Terminvereinbarungen
- die kunsttherapeutische Diagnose
- mögliche Nebenwirkungen und Rückfälle
- deren Eigentums- und Urheberrechte an den in der Therapie entstandenen Werke
- Patienten/Klienten Recht auf Einsicht in die geführten Dokumentationen
- Verschwiegenheit und Datenschutz
- einwilligungsbedürftigen Einbezug von Daten und Werken in Lehre und Forschung
- ihre Rechte und Pflichten
- jederzeit mögliche Beendigung der Therapie von Seiten des Patienten

 
  • Im Bedarfsfall weisen anthroposophische KunsttherapeutInnen den Patienten/Klienten auf andere Behandler und Behandlungsmöglichkeiten hin.
  • Anthroposophische KunsttherapeutInnen holen das Einverständnis beim gesetzlichen Vertreter von Kindern oder nicht mündigen, nicht urteilsfähigen Personen ein.  
BEZIEHUNG ZU DRITTEN
 
Die Anthroposophischen KunsttherapeutInnen in Beziehung zum sozialrechtlichen, sozialen und therapeutischen Umfeld der Patienten/Klienten
  • Anthroposophische KunsttherapeutInnen arbeiten fachspezifisch und fachübergreifend mit Vertretern von anderen Berufen im Gesundheitswesen kollegial zusammen als gleichwertige und respektvolle Partner.
  • Sie kommunizieren ihre Erkenntnisse und Begutachtungen mit Berufskollegen und kooperieren mit diesen zum Nutzen und Wohl der Patienten/Klienten.
  • In Institutionen oder Therapeutika stimmen sie ihre eigenen Behandlungsansätze mit denen der Institutionen oder Therapeutika ab. Dies gilt auch beim Wechsel von Patienten/Klienten aus der freien Praxis ins Krankenhaus oder umgekehrt bei deren Entlassung und Nachbehandlung.
  • • In der Zusammenarbeit im Team und mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe verantworten sie ihre eigene Tätigkeit. Die Loyalität gegenüber den Patienten/Klienten und der Schutz ihrer Interessen stehen im Mittelpunkt.
  • Sie streben außerhalb von Gesundheitsförderung und Prävention eine Zusammenarbeit mit einem Arzt an.
  • Sie kennen ihre nationalen Rechtsbedingungen der Berufstätigkeit und setzen diese um.
  • Ihre Werbung ist wahrhaftig.
  • Anthroposophische KunsttherapeutInnen in der Funktion als Lehrende beachten diese Ethik- Richtlinien sinngemäß sowohl im Aus- als auch im Weiterbildungsbereich. Praktikanten fallen unter die Verantwortung der Anthroposophischen KunsttherapeutInnen, innerhalb der Praktikumstelle. Für die Praktikanten gelten ebenso die Ethik-Richtlinien, die hier vorliegen. Das Praktikum wird dokumentiert und supervidiert.
  • Praktikumsanleitung und Supervision von der Therapie sind getrennt durchzuführen.
 
DIE PFLEGE DER EIGENHYGIENE
 
Anthroposophische KunsttherapeutInnen erweitern und vertiefen die Qualität ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen kontinuierlich. Sie aktualisieren diese regelmäßig in Bezug auf ihr spezifisches Arbeitsgebiet. Sie richten sich nach den aktuellen Standards und Entwicklungen der Anthroposophischen Kunsttherapie und Medizin. Die anthroposophischen KunsttherapeutInnen pflegen einen verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen Ressourcen.

Dazu gehören:
  • Gesundheitspflege auf leiblicher, seelischer und geistiger Ebene, das heißt, bewusster Umgang mit den eigenen Lebenskräften, dem eigenen seelischen Befinden und Denken,
  • das Kultivieren der Ressourcen, die in der Ausübung der eigenen Kunstart liegen,
  • die spirituelle Initiativkraft, die durch den regelmäßigen Umgang mit der Anthroposophie gewonnen wird. Aus dieser Quelle kann Motivationskraft geschöpft und therapeutischer Mut gewonnen werden.
  •  
Anthroposophische KunsttherapeutInnen streben ständig nach der freien Handlung, die auf der Erkenntnis und Selbsterkenntnis, auf Verantwortung, Mitgefühl und Liebe basiert. Ihr Handeln misst sich einzig und allein an Menschlichkeit und fachlicher Kompetenz, mit der sie Anderen begegnen,im Verständnis, dass sie immer gleichzeitig Lehrende und Lernende sind.
 
ZUSAMMUNGFASSUNG DER RECHTE UND PFLICHTEN
 
Rechte der Patienten/Klienten
  • auf Information und Selbstbestimmung
  • auf Aufklärung über die kunsttherapeutische Diagnose, die Kostenfolge und mögliche Nebenwirkungen
  • die Therapie jederzeit zu beenden
  • auf Einsicht in die über ihn geführten Dokumente und freie Entscheidung bezüglich deren weiterer
  • Verwendung
  • sich zu beschweren. Rechte von Kindern oder nicht mündigen, nicht urteilsfähigen Personen werden durch deren gesetzlichen Vertreter wahrgenommen.
  •  
Pflichten der Anthroposophischen KunsttherapeutInnen
  • Pflege der therapeutischen Fähigkeiten
  • künstlerisches Üben in der eigenen Kunstart
  • qualifizierte Weiterbildung / Fortbildung
  • Intervision / Supervision
  • Kollegialer Austausch
  • Vertiefende Studien der Anthroposophie und Fachliteratur
  • Dokumentationspflicht (aufbewahren der Unterlagen je nach Gesetz des Landes)
  • Schweigepflicht – Verschwiegenheit gegenüber Dritten (Datenschutz)
  • Qualitätsförderungen
  • umfassende Aufklärung der Patienten/Klienten über die Art der Therapie, deren Dauer, den Behandlungsplan, die Kosten und Terminvereinbarungen, die kunsttherapeutische Diagnose, mögliche Nebenwirkungen und Rückfälle
  • etwaige Beschwerde konstruktiv zu behandeln
  • für das Wohl und die Sicherheit des Patienten/Klienten sorgenAbstand wahren
  • Persönlichkeits- und Intimsphäre wahren
  • sich der asymmetrischen Beziehungen zu den Patienten/Klienten bewusst sein
  • Einverständnis einholen bei gesetzlichen Vertretern wo nötig
  • verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Person und der therapeutischen Aufgabe
  • Schutz und verantwortungsvolle Vertretung der Anthroposophischen Kunsttherapie
  • gegebenenfalls Praktikanten Betreuung –
  • Praktikumsanleitung und Supervision von der Therapie trennen
  • geistiges Eigentum von Kollegen wahren (Kollegialität)
  • nationale Rechtsbedingungen der Berufstätigkeit kennen und umsetzen
  • Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung
  •  
  •